Komponistinnen vorgestellt: Felicitas Kukuck
Die gerahmte Fotografie der Komponistin Felicitas Kukuck zur Verfügung gestellt von Archiv Frau und Musik
Die Komponistin Felicitas Kukuck. Quelle: Archiv Frau und Musik

Felicitas Kukuck

(* 02. November1914 in Hamburg; † 04. Juni 2001, Hamburg)

Die Komponistin Felicitas Kukuck zählt zu den Musiker*innen, die durch die Nationalsozialisten verfolgt wurden. Sie hat viele Lieder komponiert, von denen hier im Rhein-Main-Gebiet vorallem das Lied „Es führt über den Main“ bekannt ist.

Leben

Felicitas Kukuck wurde am 2. November 1914 in Hamburg in eine jüdisch-stämmige Familie geboren. Ihr Vater, Prof. Dr. med. Otto Cohnheim, war Arzt und Physiologe, die Mutter ausgebildete Sängerin. Auf Drängen der Großmutter von Felicitas änderte der Vater den Familiennamen 1916 in Kestner. Damit wollte sie die Famile vor den immer mehr zunehmenden Anfeindungen schützen.

Felicitas enorme musikalische Begabung zeigte sich sehr früh: Sie erfand oft Melodien zu kleinen Verse aus Bilderbüchern und begann, Klavier zu spielen. Ab dem Alter von 10 Jahren erhielt sie Klavier Unterricht. Sie begleitete ihre Mutter oft am Klavier. Sie bekam dadurch ein feines Gespür für die Sprachmelodie des Gesanges. Dies prägte ihre spätere Arbeit als Komponistin. Sie dachte stets vom Gesang her und bezog die Kompositionen immer auf den Text. 

„Man muss immer wissen, wo geatmet wird“

Felicitas Kukuck

Dass sie jüdische Wurzeln hatte, wurde Felicitas Kukuck erst bewusst, als ihr wegen ihrer jüdischen Herkunft der Zugang zum Studium an der Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik in Berlin verwehrt wurde. Sie studierte stattdessen Klavier und Querflöte, erhielt aber keine Unterrichtserlaubnis als staatlich geprüfte Privatmusiklehrerin. Komposition studierte Felicitas Kukuck von 1936 bis 1938 bei Paul Hindemith. Diese Zeit beschrieb sie in ihrer Autobiografie als Wende in ihrem Leben:

„Hindemith war ein großartiger Lehrer. […] das interessanteste und anregendste, was wir bei ihm lernten, war die einstimmige Melodie! Es durfte kein Lied sein, kein Sonatenthema, kein Fugenthema, sondern die Melodie ‚an sich‘. Diese Untersuchungen waren das interessanteste und anregendste, was ich in meinem Studium erlebt habe.“

Felicitas Kukuck

Autobiografie

Ihre Autobiografie ist hochinteressant! In ihr beschreibt Felicitas Kukuck ausführlich und sehr anschaulich ihr Leben bis zum Jahre 1949: die Zeit während des Krieges in Berlin mit ihrem kleinen Sohn, in denen sie unter anderem eine Jüdin in ihrer Wohnung versteckte. Sie berichtet von den Tagen im Dunkeln des Luftschutzkellers am Ende des Krieges, den Wirren nach der Eroberung Berlins und vom Sommer nach dem Krieg in Heiligensee, wo sie mit ihrem Sohn Unterschlupf bei Freunden gefunden hatte. Sie erzählt, wie sie ihren Sohn mit der „Aktion Storch“ nach Westdeutschland schicken konnte. Und sie beschreibt wie sie mit einem Flüchtlingszug nach Hamburg zurückkehrte. Das Leben der kleinen und immer größer werdenden Familie mit den vielen, durch die Nachkriegsjahre geprägten Schwierigkeiten ist ein lebendiges Zeugnis der damaligen Lebensumstände

In ihrer Autobiografie erlebt man wirklich den Menschen Felicitas Kukuck. Ich hatte den Eindruck, dass sie dieses Buch für ihre Kinder geschrieben hat. Denn es handelt fast ausschließlich von ihrer Familiengeschichte – und nur am Rande von ihrem Beruf als Musikerin und Komponistin. Nichtdestotrotz atmet jede Zeile des Buches Musik. Es beschreibt ein Leben, das durch und durch von Musik durchzogen war. Interessanterweise endet die Autobiografie mit der trockenen Nachricht, dass ihre Eltern 1949 aus dem englischen Exil nach Hamburg zurückkehrten. Die Familie ist wieder zusammen…

Die Komponistin

Als Komponistin bevorzugte Felicitas Kukuck eine tonale Musiksprache. Ihre Musiksprache stützt sich auf die Obertonreihe und elementare Intervalle wie Oktave und Quinte. Den Kompositionsstil ihres Lehrer Paul Hindemith kann man in ihren Werken erahnen. Ausgangspunkt für ihre Kompositionen waren oft Texte, sei es in Form von Volksliedern, Chorälen oder Gedichten. Sie überprüfte ihre Kompositionen immer wieder hinsichtlich ihrer kompositorischen Prinzipien und der harmonischen Zusammenhänge. 

„[…] Der nächste Schritt ist dann die Komposition einer Melodie, die sich auf diesen Text oder auf Textabschnitte bezieht. Ich überprüfe dann diese Melodie auch hinsichtlich der Verwirklichung meiner kompositorischen Prinzipien (…). Nach diesem Kompositionsschritt kontrolliere ich den harmonischen Zusammenhang meiner Kompositionen, indem ich die zweite Stimme einer Basslinie zu der Melodie hinzukomponiere. Diese Stimme dient der Feststellung der harmonischen Gestalt der Melodie und ist deshalb später durchaus wieder veränderbar.“

Felicitas Kukuck

Felicitas Kukucks Werk umfasst über 1000 Werke: hauptsächlich Vokalmusik, darunter Chorwerke, Lieder und Kantaten. Sie schrieb aber auch Kammermusik und Instrumentalwerke, die jedoch weniger bekannt sind. Die Spannbreite reicht dabei von einfachen, volkstümlich anmutenden Werken bis hin zu abendfüllenden Werken wie ihre Oper Moses. Viele ihrer Instrumentalwerke sind für Kinder geschrieben. Sie schrieb viel für Laien und passte den Schwierigkeitsgrad dem jeweiligen Könnens an.

Das Musikleben Hamburgs bereicherte sie auch durch den von ihr gegründeten Kammerchor Blankenese

Die Stadt Hamburg würdigte ihr Schaffen mit der Verleihung der Biermann-Ratjen-Medaille 1989 und der Johannes-Brahms-Medaille 1994. In Hamburg-Altona wurde 2016 eine Straße nach ihr benannt.

Felicitas Kukuck starb am 4. Juni 2001 in Hamburg-Blankenese.

Ihr Solostück für Flöte „Die Lerche“ ist Bestandteil meines Soloprojekts „Flötensplitter“. Ihre Sonate für Flöte und Klavier passt in verschiedene Programme meines Duos „Flöte an Tasten“. Mal sehen, wann wir sie zum ersten Mal aufführen werden.

Quellen :

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